Baubeschreibung der Pfarrkirche St. Othmar

Äußeres

Die neugotische Kirche ist 52 Meter lang. Das Hauptschiff misst eine Breite von 8,70 Metern und eine Höhe von 22 Metern, während die beiden Seitenschiffe je 4,70 Meter breit und 15 Meter hoch sind. Im vorderen Drittel des Hauptschiffes schließen sich zwei jeweils 12 Meter lange Querschiffe an, die, wie das Hauptschiff, 22 Meter hoch sind. Die Kirche wurde aus Backstein errichtet, die Zierelemente sind aus Sandstein gefertigt. Die Seitenfronten des Langhauses sind durch abgetreppte Strebepfeiler und zweibahnige Maßwerkfenster strukturiert. Hinter einer abschließenden Dreipassbalustrade sind Lichtgaden mit gekuppelten Spitzbogenfenstern zu sehen. Auf beiden Seiten treten etwa 12 Meter lange Querschiffapsiden hervor. Auch diese sind durch zweibahnige Maßwerkfenster gegliedert. Über der Vierung befindet sich ein etwa 60 Meter hoher Vierungsturm aus Holz mit Spitzhelm, der mit Eisenplatten verkleidet ist. Die Chorpartie ist mit einem Kranz gebrochener Strebepfeiler und einem Umgang mit Maßwerkbalustrade umzogen. In den Winkeln der Querschiffe sind die fünfeckigen Windfänge der Seitenausgänge und rund um den Chorschluss mit Spitzbogenfenstern durch eine Mauer abgetrennt, die polygonalen Räume der Sakristei angeordnet. Dadurch entsteht der Eindruck eines Chorumganges. Die Bildhauerarbeiten stammen von Josef Pokorny.

Inneres

Im Inneren ist die Kirche eine dreischiffige und fünfjochige Basilika. Im westlichen Mittelschiffjoch befindet sich die Orgelempore mit Maßwerkbalustrade über einem Spitzbogen. Über den hohen Spitzbogenarkaden auf Rundpfeilern im Mittelschiff sind Lichtgaden mit gekuppelten Dreiblattfenstern. Die Rundpfeiler, die das Hauptschiff von den Seitenschiffen trennen, sind mit jeweils zwei Diensten mit Blattkranzkämpfern versehen. Die den Seitenschiffen zugewandten reichen bis zur Höhe des Kapitells der Hauptsäule, die dem Hauptschiff zugewandten bis zum Kämpfergesims. Die Decke im Mittelschiff ist kreuzrippen-, die in den Seitenschiffen kreuzgratgewölbt. Die Vierung ist quadratisch, die einjochigen Querschiffarme und der zweijochige Chor sind durch 5/8-Schlüsse abgeschlossen. Die Seitenschiffe werden bis in das erste Chorjoch weitergeführt, wo sich auch die beiden Seitenaltäre befinden. Im Presbyterium befinden sich beidseitig über der Sakristei zwei spitzbogige Oratorienöffnungen mit Maßwerkbrüstungen, die auf Konsolen lagern.Im Schlussstein im Chor ist Jesus als „Lamm Gottes“ dargestellt. Die Säulen und Bögen sind aus unverputztem Stein; die Mauer ist weiß und der Chor bis zum unteren Ansatz der Fenster altrosa verputzt. Ursprünglich waren die Wände und Säulen der Kirche durchgehend polychrom und bis zur Fensterbank mit Teppichmustern bemalt. Dadurch entstand ein einheitlicher Gesamteindruck. Die Säulenkapitelle trugen vergoldetes Blätterwerk auf blauem Grund. Die dunkelblau gehaltene Decke war mit goldenen Sternen bemalt. In jedem Joch befanden sich vier Darstellungen von Heiligen in runden Bildern. Spruchbänder zu beiden Seiten des Eingangsportals trugen die Inschriften: „Diese Kirche wurde unter der Regierung des Kaisers Franz Josef I. von der Gemeinde Wien als Patron der Pfarre nach den Plänen und unter der Leitung des Dombaumeisters zu St. Stephan Friedrich Schmidt erbaut. Der Bau begann im Jahr 1865 zur Zeit der Verwaltung des Bürgermeisters Andreas Zelinka. Architekten und Bauführer: Viktor Luntz 1865–1867, Friedrich Scholy.“ und „Am 17. Mai 1866 legte Seine Eminenz der hochwürdigste Fürst-Erzbischof von Wien Joseph Othmar Kardinal Rauscher den Grundstein. Am 24. August 1873 zur Zeit der Verwaltung des Bürgermeisters Dr. Cajetan Felder weihte derselbe hochwürdigste Kirchenfürst das Gotteshaus ein. Architekt und Bauführer Carl Schaden 1868–1873. Baumeister Josef Hlavka.“ Von den Brüdern Jobst gemalte Gestalten aus dem Alten Testament an den Seitenwänden verschwanden bei den Renovierungsarbeiten zwischen 1939 und 1944.

Ebenerdiger Grundriss der Kirche
Innenansicht von der Orgelempore in Richtung Hochaltar

Turm

Am Ostende des Langhauses ist halb eingezogen ein mächtiger, dreigeschossiger Kirchturm mit sechseckigem Grundriss angebaut. Die Kanten sind mit abgetreppten und mit Fialen besetzten Strebepfeilern versehen. Der 80 Meter hohe Turm ist mit dem der Kirche St. Elisabeth der fünfthöchste Kirchturm Wiens. Die Turmuhr befindet sich in der Höhe des Helmaufsatzes und hat in drei der sechs angebrachten Giebeln Zifferblätter aus Milchglas mit Zeigern aus Gusseisen, die von einem zentralen Motor angetrieben werden. Die Uhrzeit wird über ein Funksignal von der Magistratsabteilung 33 der Gemeinde Wien gesteuert. Über dem mit Fialen ausgeschmückten Uhrengiebelkranz ist ein mit Krabben gemauerter Spitzhelm. Der Helm ist unten aus einer 45 Zentimeter dicken, oben aus einer 30 Zentimeter dicken Ziegelmauer in Form eines Zwölfecks gebaut. Im Abstand von einem Meter ist jeweils eine 30 Zentimeter dicke Steinschicht eingeschoben, die an den Ecken mit den Krabben besetzt sind. Im unteren Bereich des Turmhelmes befindet sich eine Maßwerkgalerie, zu der im Inneren eine freitragende spiralförmige Stiege führt. Vom Straßenniveau bis zu dieser Galerie führen 303 Stufen. Die oberste Kreuzblume wurde aus mehreren Steinquadern geschaffen. Durch diese führt eine freihängende Eisenstange, an deren unterem Ende Schwergewichte angebracht sind. Dieses Gewicht in der Spitze des Turmhelmes soll die Schwankungen des Turmes bei Sturm, Erdbeben und beim Läuten der Glocken ausgleichen. Über dem Knauf darüber befinden sich Stern und Halbmond.  Die drei übergiebelten Trichterportale des Turms sind dem Hauptportal der Kirche vorgelagert. Über dem mittleren Portal des Turmes ist eine Christus-Salvator-Figur zu sehen, während sich im Wimperg über dem linken Turmportal eine Figur des heiligen Petrus und über dem rechten Turmportal eine des heiligen Paulus befindet. Alle drei wurden von Franz Melnitzky geschaffen. Unterhalb des Turmes befindet sich eine sechseckige, golden bemalte Vorhalle mit einem Sternrippengewölbe mit Ringschlussstein, zum Aufziehen der Glocken. Das Gewölbe lagert auf Diensten. Auf dem Deckel im Ringschlussstein ist eine vielstrahlige Sonne auf schwarzem Grund und rotem Kreuz abgebildet. Rundherum befinden sich die übrigen Schlusssteine. Sie tragen das Wappen von Weißgerber (grüne Artischocke flankiert von zwei goldenen Ziegenböcken auf rotem Grund), das Wappen Niederösterreichs (blauer Schild mit goldener Mauerkrone und fünf goldenen Adlern), das Wappen von Kardinal Othmar von Rauscher, das Wappen von Österreich, das Wappen der Stadt Wien (schwarzer Adler mit Wiener Wappen auf goldenem Grund) und das Wappen der Habsburger (schwarzer Adler mit rot-weiß-rotem Bindeschild auf goldenem Hintergrund). Auf dem Tympanon über dem Hauptportal knien zwei Engel vor der heiligen Margarethe.

Turmspitze