Musik als Hobby und Priestersein als Berufung
Neben dem Theologiestudium an der Universität Wien absolvierte er zugleich auch ein Orgel-Studium (Konzertfach) an der Musikuniversität Wien. Anfangs noch hin- und hergerissen zwischen beiden Studien bzw. den damit verbundenen Lebenskonzeptionen, war ab dem Studienjahr 1983/84, das er als Auslandsjahr in Würzburg verbrachte, für ihn klar: „Musik ist mein Hobby, Priester werden meine Berufung.“
Grünwidl war von 1988 bis 1991 Kaplan in St. Johann Nepomuk in Wien, von 1991 bis 1993 Kurat der Dompfarre Wr. Neustadt und schließlich von 1993 bis 1995 Wiener Diözesanjugendseelsorger. Ab 1995 war Grünwidl erster Sekretär des neu ernannten Wiener Erzbischofs Christoph Schönborn. Dieses Amt hatte er bis 1998 inne.
Leidenschaftlicher Seelsorger
Von 1998 bis 2014 war Grünwidl Pfarrer in Kirchberg am Wechsel, Feistritz, St. Corona und Trattenbach im südlichen Niederösterreich. Von 2007 bis 2014 war er zugleich Dechant des Dekanats Kirchberg am Wechsel. 2014 wechselte er nach Perchtoldsdorf. Von 2014 bis 2023 war er Pfarrmoderator in Perchtoldsdorf und von 2016 bis 2023 auch Dechant des gleichnamigen Dekanats.
Von 2016 bis März 2023 war er zudem geschäftsführender Vorsitzender des Wiener Priesterrats. Dieses Amt legte er zurück, nachdem er schon im Jänner 2023 von Kardinal Schönborn zum Bischofsvikar für das Vikariat Süd ernannt worden war. Im November 2024 erfolgte die Ernennung Grünwidls zum Ehrenkanoniker des Domkapitels zu St. Stephan.
Am 22. Jänner 2025 ernannte Papst Franziskus Josef Grünwidl zum Apostolischen Administrator der Erzdiözese Wien.
Am 17. Oktober 2025 ernannte Papst Leo XIV. zum Erzbischof der Erzdiözese Wien.
In einer ersten Erklärung sagt der designierte Erzbischof dazu:
„Dass die Ernennung eines neuen Bischofs so lange gedauert hat, hat auch ein bisschen mit mir zu tun. Ich habe nach einigem Zögern jetzt aus ganzem Herzen ‚Ja‘ zu dieser Aufgabe gesagt. Dazu hat mir eine Erkenntnis geholfen, die in den letzten Monaten in mir gereift und stärker geworden ist: Gott braucht mich nicht perfekt, sondern er will mich verfügbar. Im Vertrauen auf so viele, die mich im Gebet unterstützen und im Vertrauen auf Gottes Hilfe, der mich stützen und führen und stärken wird, nehme ich gerne diese Aufgabe an. Ich freue mich darauf und auf die Begegnung mit vielen Menschen – die schon zu uns in der Kirche gehören oder auf der Suche sind –, denen ich vielleicht eine Hilfe sein kann für ihren Lebensweg.“
„Ich nehme diese Aufgabe mit Demut an und gehe ein Stück mit der Diözese mit.“ Er bat um Verständnis, dass er so kurz nach der Ernennung noch kein fertiges Programm habe. Aber er könne schon sagen: „Ich möchte Seelsorger, Teamplayer und Brückenbauer sein.“ Schließlich sei er 32 Jahre lang in der Seelsorge tätig gewesen. Er führte aus, was für ihn Seelsorge bedeute: „Sich zum Beispiel mit einer jungen Familie freuen, wenn ein Kind auf die Welt kommt und es taufen oder am Lebensabend den Menschen zur Seite stehen. Es geht immer darum, den Einzelnen zu begleiten.“ Daher möchte er nicht in Verwaltungsaufgaben untergehen, sondern Seelsorger bleiben und zu den Menschen gehen.
„Ich sehe mich als jemanden, der im Gespräch ist. Gestalten wir Kirche miteinander.“
Grünwidl möchte Brückenbauer sein, der Kardinal sei in diesem Punkt ein großes Vorbild für ihn. Dabei möchte er im innerkirchlichen, ökumenischen und interreligiösen Dialog sein.
Josef Grünwidl machte in der Pressekonferenz klar, dass er – so wie Papst Franziskus und Papst Leo – die Armen im Blick habe. Dabei zitierte er aus einem Schreiben von Papst Leo: ‚Die Lebenssituation der Armen ist ein Schrei, der die Praxis der Kirche ständig hinterfragt.‘ „Ich möchte mich sehr bemühen, dass ich Kontakte mit den Armen habe. Ich begegne täglich Menschen, die rund um den Dom schlafen,“ machte Grünwidl klar, dass er für diese Menschen da sein möchte.
Er werde keine Kommentare zur Tagespolitik machen, aber wo es um Menschenrechte, Schutz des Lebens, Frieden und Bewahrung der Schöpfung gehe, werde er sich zu Wort melden. Für die österreichische Kirche werde in bewährter Weise der Vorsitzende der österreichischen Bischofskonferenz, der Salzburger Erzbischof Franz Lackner, sprechen.
„Die Kirche ist lebendig“
„Die Kirche ist besser als ihr Ruf. Sie lebt in den Pfarren, Ordensgemeinschaften, der Caritas, dem Ehrenamt und den Religionslehrenden.“ Und seine Aufgabe sei es, als Seelsorger und Teamplayer Hoffnung zu verbreiten.
Kardinal Schönborn: „Ich habe mir gewünscht, dass er Erzbischof wird.“
Kardinal Schönborn zeigte sich hocherfreut über die Ernennung Josef Grünwidls zum Erzbischof von Wien: „Jetzt haben Sie ihn gehört und wissen, warum ich mir gewünscht habe, dass er Erzbischof wird.“
Kardinal Schönborn: „Erzdiözese in guten Händen“
Kardinal Christoph Schönborn, emeritierter Erzbischof der Erzdiözese Wien, zeigt sich in einer ersten Stellungnahme glücklich über die Ernennung: „Für mich ist heute ein tiefbewegender und freudiger Tag. Was gibt es für mich Schöneres, als unsere Erzdiözese in guten Händen zu wissen! Besonders bewegt mich die spürbare Freude in der ganzen Diözese über seine Ernennung. In den östlichen Kirchen rufen die Gläubigen bei einer Weihe: ‚Axios! Er ist würdig.‘ Mir scheint, dass man das schon seit vielen Wochen und Monaten in der Kirche auch über Josef Grünwidl sagt. Wie schön, dass Papst Leo das nun bekräftigt hat.“
Bischofsweihe im Jänner 2026
Die Entscheidung zur Ernennung wurde vor wenigen Tagen von Papst Leo XIV. getroffen und am Mittwoch vom Apostolischen Nuntius in Wien, Erzbischof Dr. Pedro López Quintana, dem künftigen Erzbischof mitgeteilt.
Damit Grünwidl sein neues Amt antreten kann, muss er erst zum Bischof geweiht werden, was voraussichtlich – gleichzeitig mit der feierlichen Amtseinführung – im Jänner 2026 der Fall sein wird. Bis dahin verwaltet er die Erzdiözese wie bisher. Der Bischofsweihe wird Kardinal Christoph Schönborn vorstehen.